Ein längst überfälliger Schritt wird nun auch seitens der Bundesagentur für Arbeit umgesetzt. Wie die BA am 15.7.2011 berichtet, sollen die Grenzen der Landkreise und Städte zukünftig bundesweit im Zuschnitt der Agenturen für Arbeit beachtet werden. Bisher sind die Bezirke der Agenturen und die Landkreisgrenzen nicht immer deckungsgleich, zum Teil gibt es erhebliche Abweichungen. Nach derzeitigem Planungsstand soll es künftig 156 Agenturen für Arbeit in Deutschland geben. Diese Zahl kann sich im Verlauf der weiteren Beratungen noch leicht ändern. Einige kleinere Agenturen werden voraussichtlich organisatorisch mit benachbarten Agenturen zusammengeschlossen.
Die Arbeitsagentur Helmstedt hatte bis dato die Geschäftsstellen Gifhorn und Wolfsburg. Im Bereich des Landkreises Helmstedt ist bis dato die Arbeitsagentur Braunschweig für die Gemeinde Lehre zuständig.
Um hier nun einmal das Tohuwabohu zu beschrieben, möchte ich einige Erläuterungen geben. Es gibt unterschiedliche Bedeutungen für dieselben Begrifflichkeiten zwischen Bundes- und Landesministerien und von Ressort zu Ressort auch noch einmal.
Wenn das Land im Bereich der Unternehmensförderung von Arbeitsmarktregion Helmstedt spricht, meint sie Landkreis Helmstedt, denn sie legt die Arbeirsmarktregionen im Sinne der sog. Gemeinschftsaufgabe zugrunde. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe werden sogenannte Funktionalregionen gebildet, die für die Verteilung von Fördermitteln dann relevant sind.
Wenn es also um Subventionen geht, müssen bestimmte Anforderungen der EU, die politisch geregelt werden, berücksichtigt werden.
Spricht sie von Regionen, meint sie seit einigen Jahren im Bereich des
Wirtschaftsministeriums aber auch die neu gegründeten Metropolregionen. Bezieht man sich eher auf die innenpolitische Komponente, dann sind es die Regierungsvertretungen.
Der Begriff Region wird also im selben Haus schon relativ unterschiedlich interpretiert.
Das setzt sich auf der Bundesebene munter weiter so fort, denn hier ist z. B. die administrative Arbeitsmarktregion Helmstedt gleichbedeutend mit 95% des Landkreises Helmstedt (Ausnahme wie o.a. Gemeinde Lehre, Arbeitsmarkregion Braunschweig) und 100% Landkreis Gifhorn und Stadt Wolfsburg, in der jeweilige Geschäftsstellen der Agenturbezirke ansässig sind.
Der Begriff Region ist ein wie viel andere Begriffe auch, sowohl wissenschaftlich (u.a. regionalplanerisch, geographisch) wie auch politisch besetzter Begriff. Sieht man mehr die planerischen Schwerpunkte, dann werden die Arbeitsmarktregionen einen ganz anderen Zuschnitt haben, als es bei politischen und oder gar Marketing-relevanten Schwerpunkten der Fall ist.
Da es hier auf meiner Seite vor allem um politische Aussagen als möglicher Landrat geht, ist es für den Landkreis Helmstedt von besonderer Bedeutung, dass die Hauptverwaltung der sehe ich die Situation unter folgender Prämisse: Die Arbeitsagentur Helmstedt soll in Helmstedt verbleibent und nicht nach Wolfsburg verlagert werden, denn das bedeutet zwangsläufig auch wieder weniger Arbeitsplätze in Helmstedt und mehr in Wolfsburg. Wir benötigen hier wirklich jeden aber auch jeden einzelnen Arbeitsplatz und die dadurch generierten staatlichen Einnahmen, einmal ganz abgesehend davon, dass unsere BürgerInnen auch ihre Familien absichern wollen und müssen.
Die jetzt startende Diskussion in der Arbeitsagentur mit den Städten und Landkreisen – die Organisationsreform soll im Januar 2012 beginnen und dann schrittweise umgesetzt werden – sollte deshalb von vorneherein daraufhin ausgerichtet sein, dass die bestehende Arbeitsmarktregion Helmstedt mit der seit Jahrzehnten geübten Geschäftsstellenstruktur ein gutes Organisationsmodell ist.
Wir müssen bei diesen Diskussionen berücksichtigen, dass Helmstedt selbst ein Verwaltungssitz war und ist und dass die zunehmende Zerfledderung und damit auch Abwanderung von Verwaltungen ins nahe Wolfsburg oder gar nach Wolfenbüttel (Stichwort Forstverwaltungen) den ländlichen Raum ausblutet und damit direkt und offensichtlich dem Landkreis Helmstedt als Arbeits- und Wohnstandort stark gefährdet.
Zudem wird das Vor-Ort-Prinzip dadurch geschwächt, dass bestehende Arbeits- und Führungsstrukturen vom Ort entfremdet werden. Das kann sogar sicherheitsrelevante Dimensionen annehmen, wie z. B. in Polizei-, Rettungs- und Bergungsfragen. Kennen Sie es nicht auch, dass die gerufene Polizei und der Rettungswagen immer länger benötigt, um vor Ort zu sein?!
Viele unserer MitbürgerInnen kennen das und habe es am eigenen Leib oder in der Familie bereits erleben müssen. Und das liegt ganz sicher nicht an den Besatzungen der Einheiten sondern an den Organisationsgrundlagen, die in den letzten Jahren immer weiter weg von unseren BürgerInnen neu etabliert werden. Im Zuge der Einsparungen wird also bereits jetzt und heute an unseren alltäglich benötigten staatlichen Dienstleistungen herumoptimiert und die Menschen in den vielen kleinen Orten stellen eine spürbare Verschlechterung ihrer Wohn- und Lebenssituation fest. Würden Sie sich hier niederlassen, wenn ihnen die Leute erzählen, schauen sie bloß, dass sie nah an Wolfsburg wohnen, denn dann sind Rettungswagen und Polizei etc. sehr schnell bei Ihnen?! Sicher nicht, oder?!? Übrigens – Allgemeinärzte sehen eine Niederlassung nur dann im ländlichen Raum, wenn Sie einen monatlichen zusätzlichen Verdienst von 8.000 Euro bekommen. Die ärztlichen Interessenvertretungen haben diesen Betrag erst unlängst publiziert.
Würden Sie bei diesen Bebachtungen als junger Mensch hier vor Ort bleiben oder lieber in eine Stadt oder in die unmittelbare Umgebung einer Großstadt ziehen?! Ich denke, Sie verstehen, was ich sagen will. Fragen Sie in ihrem Bekanntenkreis. Das sind ganz lebendige Diskussionen und sie können sich gegen die spürbaren Verschlechterungen auf den Dörfern – also im ländlichen Raum – auch nicht verschliessen. Und dann ziehen ihre Kinder verständlicherweise weg vom Landkreis Helmstedt. Und die Räte schauen sich dann verdutzt an und fragen sich, wie können wir das aufhalten?
Ich denke, man kann es nur aufhalten, wenn man sich klar und deutlichst positioniert und seine Interessen klar und deutlich in den Diskussionsprozess einbringt.
Ich will nicht, dass wir noch mehr Hauptverwaltungen verlieren! Das ist meine grundsätzliche Position und ich hoffe sehr, dass ich mich in Ihrem Auftrage dafür ab 2012 nachdrücklichst einsetzen darf.